Die Management-Praxis stellt sich in den verschiedenen Branchen und Organisationen sehr unterschiedlich dar. Dies ist auch wegen der unterschiedlichen Anforderungen nachvollziehbar. Andererseits gibt es viele Vorgehensweisen, Handhabungen und Methoden in anderen Organisationen, die durchaus Anregungen für die Professionalisierung der eigenen Praxis geben können. Diese Chance wird nicht genügend wahrgenommen. Vordergründig verhindert die vermeintliche Einzigartigkeit eine unvoreingenommene, vergleichende Betrachtungen. Dies lässt sich jedoch leicht ausräumen, wenn man dabei nicht auf die einfache Übernahme der Best Praxis setzt sondern auf das Bench-learning. Es geht darum, in eine andere Welt einzutauchen, Anregungen zu erhalten und Ansätze für die Verbesserung der eigenen Praxis abzuleiten. Das Bench-learning will das Lernen durch Vergleichen animieren. Und zwar möglichst vor Ort. Die andere Praxis live zu erleben bringt die nötige Verfremdung und Aufmerksamkeit, um sich unvoreingenommen auf Neues einzulassen; und das sollte auf Augenhöhe erfolgen.
Den Benchpartner finden
Wird ein branchenübergreifender Vergleich beabsichtigt dann sollten dem Anliegen zumindest aus Wettbewerbsgesichtspunkten keine Bedenken entgegen stehen. Dennoch ist es nicht leicht ein Team als Benchpartner zu finden. Das andere Team muss ein ebensolches Anliegen haben. Ferner bedarf es auch der Zustimmung des Managements und überhaupt ist dies ja zumindest ein ungewöhnliches Unterfangen. Insbesondere bei einem wechselseitigen Besuch kommen Bedenken auf. Es ist also etwas Geduld erforderlich den richtigen Partner zu orten. In der Praxis finden sich Benchpartner über bestehende Beziehungen, über Vermittlung durch Externe und/oder über entsprechende Plattformen z.B: www.bench-learning.com.
Über das Format verständigen
Haben sich Benchpartner gefunden, sollten sich beide Seiten zu den Grundsätzen dieses Formats des Bench-learning bekennen: Es gilt, die Arbeitsweise des Anderen kennenzulernen, eher hinhören, wenig diskutieren, eher verstehen, nicht belehren, nicht überzeugen wollen. Die Vertraulichkeit ist unbedingt zu wahren und nur mit Zustimmung des Gastgebers können Dinge aufgezeichnet oder protokolliert werden (nicht fotografieren, filmen etc.). Auch sollte man sich auf eine neutrale Moderation verständigen. Schließlich ist auf eine ausgewogene Teilnahme zu achten. Meist sind dies die Leitungs-Teams der jeweiligen Disziplin bzw. der Organisationseinheit; also zum Beispiel tauscht sich das Leitungs-Team des Facility-Managements des Unternehmens A mit dem des Unternehmens B einer anderen Branche aus. Wenn dann noch das Bench-Learning auf Augenhöhe erfolgt, sollte dem Erfolg nichts entgegenstehen.
Das Procedere klären
Im Vorlauf zum Bench-learning sollten sich die Benchpartner über einige Aspekte verständigt haben:
- Das Interesse an einem Austausch bestätigen
- Themenkreise, die angesprochen werden könnten, aber auch was ausgeklammert werden sollte.
- Teilnehmende Personen
- Besuchsdauer, -ort, -termine etc.
- eine Agenda mit den Eckpunkten des jeweiligen Besuchs
- Aufteilung von gemeinsam zu tragenden Kosten; ggf. für die Moderation.
Vor diesem Hintergrund kann das Bench-Learning im Format eines „Impulses“ stattfinden:
Schritt 1 – Einstimmung der Benchpartner
Jedes Team bereitet sich für seine Rolle als Gastgeber vor; dazu gehört u.a.
- sich die eigene Arbeitsweise bewusst zu machen
- diese Arbeitsweise in Stichpunkten zu beschreiben
- eine kurze Präsentation vorzubereiten mit der der Gast eingestimmt werden soll
Hier beginnt schon ein Lernprozess: Es fällt mitunter gar nicht leicht die eigen Arbeitsweise für „Fremde“ verständlich zu beschreiben; dies weil sie einem selbst nicht so bewusst ist und manchmal als doch recht willkürlich erscheint.
Ebenso ist jedes Benchteam gehalten sich auf die Rolle des Gastes einzustimmen. Es sollte klar sein, dass es bei dem Besuch nicht um die eigene Praxis geht sondern um das Verstehen der Praxis des Gastgebers. Hilfreich ist es wenn der Gast sich im Vorlauf auf wenige Themenkreis und/oder Fragen, die er dem Gastgeber gerne stellen will, einigt. So wird er sich über das eigene Interesse bewusst und gleichzeitig wird damit die Neugier, den anderen zu verstehen, gestärkt ….
Schritt 2 – Besuch vor Ort
Für den Besuch bietet sich ein Tag an, und zwar möglichst vor Ort in den üblichen Besprechungsräumen des gastgebenden Leitungs-Teams. Das Kennenlernen des gewohnten Umfelds des Gastgebers schafft den Kontext, innerhalb dessen seine Arbeitsweise leichter nachvollziehbar und erlebbar ist. Das gastgebende Team erläutert, wie es die Dinge angeht, wie Themen auf die Agenda kommen, wie üblicherweise die Erörterung verläuft, wie Entscheidungen getroffen werden, wie die Realisierung in die Wege geleitet wird u. a.m. Der Gast seinerseits vermeidet es zu bewerten oder zu erklären, wie er es tut oder tun würde. Er hört hin, stellt Verständnisfragen, versucht sich in die andere Welt zu versetzen und in diesem Zusammenhang sich einzubringen. Interesse und Neugier sind hier ein belebendes Element. Zu fragen und zu hinterfragen ist angesagt (… aber bitte keine Suggestivfragen). Auf diese Weise entsteht für das besuchende Team die wünschenswerte Verfremdung und Erweiterung des Blickfelds, für das gastgebende Team die wünschenswerte Reflexion der eigenen Arbeitsweise.
„die Möglichkeiten sind größer als die Wirklichkeit“
Schritt 3: Auswertung der Ergebnisse
Sowohl Gastgeber als auch Gast sind Lernende. Sie werten das jeweilige Treffen im Nachgang getrennt für sich aus. Erkenntnisse werden formuliert, Verbesserungen für die eigene Praxis abgeleitet und Maßnahmen beschlossen. Die Umsetzung allerdings erfolgt nicht immer mit der nötigen Energie. Der Alltag holt einen ein, man verlässt sich gern auf die anderen. Was dann mitunter zurückbleibt, ist ein anregendes Erlebnis, eine schöne Abwechslung, aber eben auch eine Unzufriedenheit über die mangelnde Realisierung, die mangelnde Konsequenz. Dem sollte von Anfang an Rechnung getragen werden. Geht es eher um eine Orientierung, eine Eruierung von Möglichkeiten oder um den Willen, seine derzeitige Praxis ernsthaft zu verbessern. Ist letztes beabsichtigt, wären von Anfang an Zeit und Ressourcen für Folgemaßnahmen ins Auge zu fassen.
Erst dann wird das Learning zum Performing.
Siehe auch:
HLP Blog Beiträge: www.hlp-group.net
HLP Bench-Learning Platform: www.bench-learning.com
Matthias Hirzel HLP Management Connex GmbH – matthias.hirzel@hlp-hirzel.com – www.hlp-connex.com