Der digi­ta­le Wan­del ver­än­dert grund­le­gend die Ver­triebs­ar­beit. Gewohn­te Muster der Infor­ma­ti­ons­ge­win­nung und in dem Auf­bau und Pfle­ge von Kun­den­be­zie­hun­gen sind nicht mehr effi­zi­ent und funk­tio­nie­ren nur noch ein­ge­schränkt. Die Fähig­keit sich zu ver­än­dern, neue Wege zu gehen und die Chan­cen zu nut­zen, wer­den zu Erfolgs­fak­to­ren. Vari­anz wird zur Grund­la­ge für Resilienz.

Was unter­schei­det heu­te einen guten Außen­dienst­ver­triebs­mit­ar­bei­ter von einem Erfolgreichen?

Nor­bert H. ist Gebiets­ver­kaufs­lei­ter für ein Unter­neh­men aus der Boden­be­lags­bran­che. Er ver­ant­wor­tet eine deut­sche Metro­pol­re­gi­on und hat über die Jah­re das Umsatz­vo­lu­men von 800 Tsd. € auf 4,5 Mio. € gesteigert.

Ver­trieb­ler der Kate­go­rie “Nor­bert H.” Sie machen den Unter­schied und sind auch in schwie­ri­gen Märk­ten und Zei­ten erfolgreich.

Unter­neh­men, die Pro­duk­te für die Innen­ein­rich­tung und den Innen­aus­bau her­stel­len, wie Möbel, Boden­be­lä­ge, Trenn­wän­de etc. haben ver­schie­de­ne Wege der Dis­tri­bu­ti­on. Der tra­di­tio­nel­le Weg geht über den Han­del, der die Ver­triebs­funk­ti­on zu den End­kun­den über­nimmt. Aber die Welt wird kom­ple­xer, der Markt trans­pa­ren­ter und Kun­den haben mehr Mög­lich­kei­ten, sich zu infor­mie­ren. Für den Ver­trieb der Her­stel­ler bedeu­tet das, es reicht nicht mehr nur, den Han­del zu betreu­en. Er muss heu­te auch den kau­fen­den End­kun­den und deren „Bera­ter“ wie Archi­tek­ten, Innen­ar­chi­tek­ten, Bau­in­ge­nieu­re, Elek­tro­pla­ner, Work­place Con­sul­tants etc. in den Fokus nehmen.

Die Kon­takt­punk­te haben sich ver­viel­facht und die Ent­schei­dung, wel­ches Pro­dukt gekauft wird, wird zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten von unter­schied­li­chen Stel­len getrof­fen, bzw. vorbereitet.

Die­se Ent­wick­lung bedeu­tet einen Para­dig­men­wech­sel im Ver­trieb. Er wan­delt sich von einem klas­si­schen Han­dels­ver­trieb zu einem Netz­werk­ver­trieb, dem Objekt- bzw. Projektvertrieb.

D.h. nicht, dass der Han­del nicht mehr wich­tig ist, aber der Her­stel­ler muss heu­te die gesam­te Ket­te, der an der Ent­schei­dung Betei­lig­ten akqui­si­to­risch bearbeiten.

Die­se neue Her­aus­for­de­rung bedingt eine neue Orga­ni­sa­ti­on von Ver­triebs­pro­zes­sen und Hand­lungs­lo­gi­ken. Die erlern­ten, tra­dier­ten und prä­gen­den Muster pas­sen nur noch bedingt zur neu­en Welt.

Die neue Her­aus­for­de­rung ist, dass die­se neue Welt eine Welt ist, in der sich die Hand­lungs­lo­gi­ken, die Play­er, die Mul­ti­pli­ka­to­ren und Ihre Rol­len stän­dig ändern kön­nen und die zu gewin­nen­den Pro­jek­te unter­schied­li­che Ent­schei­der­struk­tu­ren haben.

Dies ist für eine Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on eine per­ma­nen­te Her­aus­for­de­rung, die hohe Anfor­de­run­gen, an das stra­te­gi­sche Ver­ständ­nis und die Fähig­keit fle­xi­bel zu reagie­ren und an die Neu­gier­de stellt. Eine ler­nen­de Orga­ni­sa­ti­on wird überlebenswichtig.

Erkenn­bar in der Rol­len­än­de­rung des Außen­dien­stes in Objekt­ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen. Tra­di­tio­nell war der Außen­dienst­mit­ar­bei­ter der Kon­takt­punkt zum Kun­den, er ist drau­ßen bei dem Kun­den, holt Infor­ma­tio­nen ein und managt die Bezie­hung bis zum Abschluss.

In einer Objekt­ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on, die heu­te erfolg­reich sein möch­te, muss die Kun­den­be­zie­hung durch die vie­len Kon­takt­mög­lich­kei­ten auch vom Innen­dienst, wie auch vom Mar­ke­ting aus einer Sales-Per­spek­ti­ve gestal­tet wer­den. Mar­ke­ting und Innen­dienst müs­sen ler­nen, sich nicht mehr als Ser­vice­ab­tei­lun­gen zu ver­ste­hen, son­dern als Ver­triebs­ab­tei­lun­gen. Der Außen­dienst wie­der­um ist nicht mehr der rei­ne Ver­käu­fer, der die Ver­kaufs­er­fol­ge zur Abwick­lung in das Unter­neh­men dele­giert, son­dern er ist Netz­werk­ma­na­ger, der auch sei­ne Schnitt­stel­len im Unter­neh­men koor­di­niert und in einem Team mit Ihnen agiert. Er muss ler­nen im Team erfolg­reich zu sein.

Wel­che Ver­triebs­mit­ar­bei­ter sind in die­ser Umwelt die Erfolg­reich­sten?

Neben den Eigen­schaf­ten wie “posi­ti­ve Grund­hal­tung”, “Ver­träg­lich­keit”, “Neu­gier­de” etc., die ver­triebs­über­grei­fend für erfolg­rei­che und zufrie­de­ne Mit­ar­bei­ter wich­tig sind, ist das Haupt­kri­te­ri­um eine beson­de­re Art des Lernens.

Erfolg­rei­che Ver­triebs­mit­ar­bei­ter im Objekt­ver­trieb sind per­ma­nent dabei, neu­es Ver­hal­ten aus­zu­pro­bie­ren. Sie bau­en sich – bewusst oder unbe­wusst – klei­ne Übungs­räu­me auf, in denen sie neu­es Ver­hal­ten, neue Stra­te­gien etc. aus­pro­bie­ren. Ist die­se erfolg­reich, wird es über­nom­men, ist es nicht erfolg­reich, wird es ver­wor­fen oder leicht ver­än­dert und wie­der neu aus­pro­biert. Sie ler­nen durch Aus­pro­bie­ren und nicht nur durch Beob­ach­ten. Hier­bei sind sie sehr reflek­tiert und struk­tu­riert. Sie haben Ihre eige­nen Muster und repro­du­zie­ren Ihr Ver­hal­ten, aber sie stecken im Ver­gleich zu weni­ger Erfolg­rei­chen, nicht tief in Ihren Spur­ril­len, son­dern ver­fü­gen in ihrem Vor­ge­hen über eine wesent­lich höhe­re Varianz.

Man kann sagen sie ler­nen aus der Dif­fe­renz. Die­ses Muster kann nach Schöll­horn (Pro­fes­sor Uni Mainz) dif­fe­ren­zi­el­les Ler­nen genannt wer­den. Es kommt aus der Bewe­gungs­wis­sen­schaft und geht von dem Prin­zip aus, dass es nicht mög­lich ist eine Bewe­gung iden­tisch aus­zu­füh­ren und es immer zu Abwei­chun­gen kommt. Das bedeu­tet für die Trai­nings­leh­re, es ist nicht sinn­voll, Wie­der­ho­lun­gen zu trai­nie­ren, son­dern Fluk­tua­tio­nen und Schwan­kun­gen, um so den Lösungs­be­reich zu erwei­tern, um die Chan­ce zu erhö­hen eine erfolg­rei­che­re Lösung zu finden.

Aller­dings ist der dif­fe­ren­zi­ell ler­nen­de und erfolg­rei­che Ver­triebs­mit­ar­bei­ter nur dann erfolg­reich und sei­ne Stra­te­gie funk­tio­niert nur, wenn das Umfeld bzw. das Unter­neh­men ihm den Lern­raum lässt und auch sei­ne Schnitt­stel­len wie Innen­dienst und Mar­ke­ting ähn­li­che Lern­an­sät­ze ver­fol­gen. Die Durch­läs­sig­keit ist hier­bei entscheidend.

Der Lern­raum eines Mit­ar­bei­ters wird auf der einen Sei­te durch den Mög­lich­keits­raum des Mit­ar­bei­ters bestimmt, das sind sei­ne Fähig­kei­ten, Kom­pe­ten­zen und Eigen­schaf­ten. z.B. kann ein eher intro­ver­tier­ter Mit­ar­bei­ter nur beschränkt die Mög­lich­keit eines Vor­tra­ges vor einem grö­ße­ren Publi­kum nut­zen, er wird ande­re Ver­an­stal­tungs­for­men präferieren.

Zum Ande­ren wird der Lern­raum durch den von dem Unter­neh­men vor­ge­ge­be­ne Hand­lungs­raum bestimmt. Der Hand­lungs­raum wird durch die Arbeits­an­wei­sun­gen, die zuge­wie­se­nen Auf­ga­ben, die Rol­le, Erwar­tun­gen und die Unter­neh­mens­kul­tur bestimmt. Die Schnitt­men­ge aus Mög­lich­keits­raum und Hand­lungs­raum erge­ben den Lernraum.

Der erfolg­rei­che Ver­triebs­mit­ar­bei­ter nutzt sei­nen Mög­lich­keits­raum best­mög­lich und ver­sucht außer­dem, ihn per­ma­nent auszubauen.

Die­ses Ver­hal­ten kol­li­diert jedoch immer wie­der mit der Orga­ni­sa­ti­ons­rea­li­tät, die den Hand­lungs­raum bestimmt und damit den Mög­lich­keits­raum begrenzt. In erfolg­rei­chen Unter­neh­men ist zu beob­ach­ten, dass die Schnitt­men­ge zwi­schen Hand­lungs­raum und Mög­lich­keits­raum sehr groß ist und das Ler­nen über dif­fe­ren­zi­el­le Übungs­räu­me in Rich­tung Markt geht.

Bei Unter­neh­men, die den Hand­lungs­raum eng begren­zen (durch ein hohes Kon­troll­be­dürf­nis, dys­funk­tio­na­le Per­for­mance-Indi­ka­to­ren, Über­sim­pli­fi­zie­rung, begrenz­te Kom­mu­ni­ka­ti­on etc.) fri­stet die­se Art des Ler­nens ein Schat­ten­da­sein und kann ihr Poten­ti­al nicht aus­schöp­fen. Hier rich­tet der Ver­trieb­ler sei­ne Lern­ener­gie nach innen, um die Gren­zen des Mög­li­chen zu ver­schie­ben und damit den Mög­lich­keits­raum zu erwei­tern. So beschäf­tigt sich das Unter­neh­men mehr mit sich als mit der Wei­ter­ent­wick­lung in Rich­tung sei­ner Kunden.

Das Prin­zip dif­fe­ren­zi­el­les Ler­nen bedeu­tet auf der indi­vi­du­el­len Ebene:

  • Ver­mei­den von Spurrillen
  • Per­ma­nen­tes Aus­pro­bie­ren von neu­em Ver­hal­ten und neu­en Herangehensweise
  • In Fra­ge stel­len von Ver­hal­tens­mu­stern und deren Reproduktion

Für die Orga­ni­sa­ti­ons­ebe­ne heißt das:

  • Ver­trau­en und Spiel­raum für die Mitarbeiter
  • Ent­wick­lungs­ori­en­tier­te Führungskultur
  • Anpas­sungs­fä­hi­ge Geschäftsprozesse
  • Fla­che Strukturen
  • Per­for­mance­mes­sung, die das Aus­pro­bie­ren und die Neu­gier­de beloh­nen und nicht nur den Fleiß

Fazit

Erfolg hängt eng mit der Lern­stra­te­gie zusam­men. Unter­neh­men, die den Raum zum dif­fe­ren­zi­el­len Ler­nen geben, sind erfolg­rei­cher und Ihre Mit­ar­bei­ter zufrie­de­ner und die Fluk­tua­ti­on sinkt.

Das Umset­zen einer dif­fe­ren­zi­el­len Lern­stra­te­gie ist nicht schwer. Es braucht Neu­gier­de, Phan­ta­sie und Selbst­re­flek­ti­on. In Unter­neh­men, in denen das dif­fe­ren­zi­el­le Ler­nen eta­bliert ist, ent­steht ein gemein­sa­mer Lern­raum im dem sich Mit­ar­bei­ter über Ihre Erfah­run­gen aus­tau­schen, sich gegen­sei­tig Feed­back geben. Die­se Unter­neh­men sind gera­de auch in Kri­sen­zei­ten resi­li­en­ter als ande­re Unter­neh­men, auf­grund Ihrer höhe­ren Ver­hal­tens­va­ri­anz kön­nen sie fle­xi­bler agie­ren und auch auf unge­wohn­te Her­aus­for­de­run­gen adäqua­ter und vor allem schnel­ler reagieren.

Also aus­pro­bie­ren: Übungs­räu­me zu gestal­ten, braucht nicht viel Zeit und Ener­gie, der Auf­wand lohnt sich.